Ein Schritt auf der Karriereleiter bringt nicht nur mehr Geld oder andere Benefits, sondern meist auch Personalverantwortung mit sich – gratuliere, sie sind über Nacht zur Führungskraft geworden! Nach anfänglicher Euphorie und gegenseitigem Schulterklopfen mit den ehemaligen Kollegen finden sich das Team und die Neo-Führungskraft oft sehr schnell im Schock wieder und nichts geht mehr – was nun?
Warum ist Führungskraft werden so schwer?
Sind sie schon mal über Nacht – einfach so – Mutter oder Vater geworden? Ich meine ohne 9-monatiger Vorbereitungszeit, mit Kursen, Büchern und Erfahrungsberichten aus dem unmittelbaren Umfeld? Die Theorie hat man ja drauf und aus der eigenen Jugend weiß man ja auch, was gut ist und was nicht…
Gratuliere – sie sind soeben glückliche Führungskraft geworden! Jetzt haben sie die einmalige Chance alles ganz anders und viel besser zu machen. Zu dumm, dass ihr bestes Rolemodel ihr eigener Vorgesetzter ist und somit fällt ihr Führungsstil doch zum Verwechseln ähnlich aus – anstatt der großen Rebellion, der sie zuvor geschworen haben. Irgendwie ist das Verhalten auch nicht verwunderlich – oder dürfen ihre Kinder heute den ganzen Tag fernsehen und Eis zum Frühstück essen?
Mit dem hierarchischen Aufstieg aus der Kollegenschaft zum Vorgesetzten entsteht plötzlich ein neues soziales Gefüge, das zunächst große Unsicherheiten mitbringt. Wird die Neo-Führungskraft das Insiderwissen zum eigenen Vorteil nutzen? Wie verhält es sich mit dem Konkurrenzdruck unter den Führungskräften? Müssen Freundschaften beendet werden, um das verlangte Hierarchiegefüge zu ermöglichen? Diese Transition vom Kollegen zum Vorgesetzten lässt ein Vakuum entstehen, in dem die Neo-Führungskraft das eigene Team noch nicht endgültig verlassen hat und in der neuen Rolle aber auch noch nicht angekommen ist.
Hinzu kommt, dass Neo-Führungskräfte selten ausreichend Zeit haben, mit ihren Aufgaben zu wachsen, sondern unmittelbar mit einer ganzen Fülle an neuen und ungewohnten Herausforderungen konfrontiert sind. Wie werden Stellen besetzt? Wie soll die neue Home-Office-Richtlinie umgesetzt werden? Und wer muss zur unliebsamen Spätschicht antreten?
Viele Neo-Führungskräfte denken sich: „Wo bleibt die Schonfrist? Kinder kommen ja auch nicht als Teenager zur Welt!“
Welche Verantwortung trifft mich als Unternehmen?
Unternehmen verabsäumen es sehr oft rechtzeitig Vorsorge zu treffen und potenzielle Führungskräfte entsprechend auszubilden und zu entwickeln. Zu groß ist die Gefahr des „verlorenen Investments“, wenn die „High-Potentials“ nach absolviertem Ausbildungsprogramm doch das Unternehmen verlassen.
In der Notsituation bleibt dann nur die Möglichkeit der ad-hoc Entscheidung und sehr oft bedeutet das, den besten Spieler ohne jegliche Vorbereitung und Qualifikation zum neuen Trainer zu ernennen.
Damit der Trainer – also die Neo-Führungskraft – aber an seiner Aufgabe nicht scheitert, braucht er eine Unternehmenskultur der offenen Kommunikation, die auch reif dafür ist, qualifiziertes Feedback zu geben und anzunehmen. Hier kann besonders externes Coaching oder Mentoring dafür sorgen, dass Kollegen zu akzeptierten Vorgesetzten werden können.
Weiters sorgt absolute Transparenz in den Entscheidungen dafür, dass das Führungsverhalten einschätzbar wird und somit weniger bedrohlich wirkt. Vermeintliche Willkür ist hingegen ein guter Nährboden für Misstrauen und Missgunst.
Diese transparente und offene Unternehmenskultur können sie zum Beispiel auch damit schaffen, dass sie ihren Neo-Führungskräften auch individuellen Handlungsspielraum zugestehen. Einfach ein Raum um sich als Führungskraft auszuprobieren und mittels Feedback auch entwickeln zu können.
Weiters sollte es auch immer einen „Point of Return“ geben. Schaffen Sie ein Umfeld, in dem es Möglichkeiten für einen Exit gibt, der nicht gleichermaßen bedeutet, das Unternehmen verlassen zu müssen. Schaffen Sie die Möglichkeit der Transition durch „Rollen auf Zeit“ anstatt der eindimensionalen Karriereleiter.
Was kann ich als Neo-Führungskraft beitragen?
Die wohl beste Möglichkeit, damit ihr Schritt zur Neo-Führungskraft gelingt, ist das stetige Reflektieren des eigenen Handelns und das Hinterfragen der eigenen Entscheidungen hinsichtlich Verständlichkeit und Sinnhaftigkeit. Sorgen Sie für Transparenz und Ehrlichkeit im eigenen Handeln – denn nicht nur Kindern, sondern auch Mitarbeitenden ist die Wahrheit unbedingt zumutbar!
Achten Sie darauf, dass ihr Handeln mit ihrem eigenen Wertemaßstab übereinstimmt und gestalten sie dadurch ihr persönliches Profil als Führungskraft.
Schieben Sie schwelende Konflikte – egal in welcher Hierarchieebene – nicht auf die lange Bank. Fassen Sie sich ein Herz und arbeiten Sie unmittelbar daran, diese Störfaktoren aus der Welt zu schaffen. Scheuen Sie sich nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen und lassen Sie sich durch externe Coaches oder Mentoren dabei unterstützen.
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So wie sie ihre Kinder zu mündigen Erwachsenen erziehen, so fördern sie auch ihre Kollegen, damit sie mündige und wertvolle Mitarbeitende werden.